Dekarbonisierung in der Fertigung ermöglichen: Einblicke von Wilos Climate Strategy and Disclosure Managerin

Dekarbonisierung in der Fertigung ermöglichen: Einblicke von Wilos Climate Strategy and Disclosure Managerin

In einem Interview mit Cozero erläutert Isa Kohn, Managerin Climate Strategy & Disclosure bei Wilo, die Fortschritte des Unternehmens auf dem Weg zur Dekarbonisierung, die damit verbundenen Herausforderungen und die Bedeutung der branchenübergreifenden Zusammenarbeit.

Valeria Acer
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Valeria Acer
September 16, 2024
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Die Dekarbonisierung des industriellen Sektors ist zu einem zentralen Element im globalen Kampf gegen den Klimawandel geworden. Unternehmen wie Wilo, einer der weltweit führenden Premiumhersteller von Pumpen und Pumpensystemen mit mehr als 9.000 Mitarbeitenden weltweit, arbeiten intensiv daran, nachhaltige und glaubwürdige Emissionsreduktionsziele zu erreichen.

Seit 2023 unterstützt Cozero die Wilo Gruppe bei der Umsetzung ihrer Emissionsreduktionsstrategien. Die Nutzung der Cozero Climate Action Platform ermöglicht es Wilo, Emissionen, insbesondere Scope-3-Emissionen, aus verschiedenen Bereichen präzise zu erfassen und zu steuern. In einem Interview erläutert Isa Kohn, Managerin Climate Strategy &Disclosure bei Wilo, die Fortschritte des Unternehmens auf dem Weg zur Dekarbonisierung, die damit verbundenen Herausforderungen und die Bedeutung der branchenübergreifenden Zusammenarbeit.

Sehen Sie sich das ausführliche Interview mit Isa Kohn von Wilo an. Das Interview ist Teil der Cozero Industry Chat-Reihe, in der Nachhaltigkeitsexperten Einblicke in Probleme und Lösungen aus der Praxis geben.

Meilensteine auf Wilos Dekarbonisierungsreise

2018 hat Wilo den ersten Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht und darin umfassende Nachhaltigkeitsziele bekannt gegeben. Fünf Jahre später erklärt Wilo in seinem Nachhaltigkeitsbericht 2023 erstmals die Nachhaltigkeitsstrategie zur übergeordnetenStrategie, der sich alle weiteren funktionalen Unternehmensstrategien unterordnen. Ein zentraler Aspekt von Wilos Dekarbonisierungsstrategie ist die Umstellung auf Grünstrom für alle Produktionsstandorte bis 2025. Diese Maßnahme betrifft insbesondere die 16 Hauptproduktionsstandorte, die den Großteil der unternehmensweiten Emissionen verursachen. Isa Kohn betont, dass dieser Übergang nicht nur ein wesentlicher Schritt zur Erreichung der Scope-1- und Scope-2-Ziele ist, sondern auch einen maßgeblichen Beitrag zur nachhaltigen Unternehmensausrichtung leistet.

Wilo hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 die absoluten THG-Emissionen in den Bereichen Scope-1 und Scope-2, also alle direkten und indirekten energiebezogenen Emissionen, um die Hälfte zu reduzieren. Neben den europäischen Standorten wurden im Jahr 2023 auch die Werke in China auf Grünstrom umgestellt, wobei I-RECs (International Renewable Energy Certificates) zum Einsatz kamen.

Isa Kohn (zweite von links) bei ihrem Besuch in Berlin, gemeinsam mit den Cozero-Gründern Fabian Schwarz und Helen Tacke sowie der Klimaexpertin Regine Castilla (zweite von rechts).

Um diese ehrgeizigen Ziele zu erreichen, entwickelt Wilo innovative Ansätze zur Nutzung erneuerbarer Energien, wie das H2POWERPLANT auf dem Wilopark in Dortmund. Diese in Kooperation mit dem französischen Elektrotechnik-Konzern Schneider Electric errichtete Pilotanlage ermöglicht die Produktion und Speicherung von grünem Wasserstoff, der bei Bedarf in Energie umgewandelt werden kann.

Die Anlage im Wilopark kann bis zu 520 Kilogramm Wasserstoff in einem 29,8 Meter langen Tank speichern. Das modulare System kann bis zu 10 Tonnen grünen Wasserstoff pro Jahr produzieren, und die während des Elektrolyseprozesses freigesetzte Abwärme kann direkt vor Ort im integrierten System genutzt oder in Kühlung umgewandelt werden. Zunächst dient die Anlage der Notstrom- oder Netzersatzversorgung.  Gemäß den aktuellen Planungen ist eine Erweiterung der Elektrolyseurleistung geplant, um alle verbliebenen fossilen Brennstoffe am Standort Dortmund zu substituieren.

Die Anlage nutzt Solarstrom zur Herstellung von Wasserstoff und zeigt das Potenzial der H2-Technologie für den industriellen Einsatz und wie Wilo Technologie und Nachhaltigkeit miteinander verbindet.

Grafik: H2PowerPlant

Anfang 2024 kündigte Wilo außerdem die erfolgreiche Validierung seiner kurz- und langfristigen, wissenschaftlich fundierten Emissionsreduktionsziele durch die Science Based Targets Initiative (SBTi) an. Infolgedessen hat Wilo ehrgeizige Ziele gesetzt, um seine absoluten Treibhausgasemissionen der Scopes 1 und 2 bis 2030 um 50 % zu reduzieren, den Anteil an erneuerbarer Elektrizität auf 100 % zu steigern und die Scope 3-Emissionen um 25 % zu senken, jeweils im Vergleich zum Basisjahr 2020. Diese Validierung dient als externer Nachweis dafür, dass die Ziele wissenschaftlich fundiert und mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens im Einklang sind.

Erkenntnisse und Herausforderungen

Das Nachhaltigkeitsteam von Wilo hat einen langen und anspruchsvollen Weg zur nachhaltigen Transformation zurückgelegt, dabei wertvolle Erkenntnisse gewonnen und viele Herausforderungen überwunden. Der kürzlich abgeschlossene SBTi-Validierungsprozess war beispielsweise laut Isa Kohn zeitaufwendig und datenzentriert. Besonders herausfordernd war es, die Vielzahl an Datenpunkten bereitzustellen und die Gründe für die Bilanzierung bestimmter Emissionen zu erklären. Der Einsatz von Tools wie Cozeros Carbon Management Software hat den Datenbeschaffungsprozess erheblich erleichtert, da Berechnungsmethoden und Emissionsfaktoren stets zugänglich waren.

Herausforderungen bei der Scope-3-Datensammlung

Neben bedeutenden Meilensteinen gibt es auch herausfordernde Aspekte. Die Berechnung von Scope-3-Emissionen, insbesondere in der Kategorie „Use of Sold Products“, ist eine der größten Herausforderungen für Wilo. Durch die hohe Anzahl an verschiedenen Pumpenvarianten ist die Erfassung und Pflege der erforderlichen Daten äußerst komplex. Daher beschreibt Isa Kohn die Datensammlung und -pflege als einen kontinuierlichen Prozess, der nie abgeschlossen ist. Daten aus verschiedenen Systemen, wie Verkaufszahlen und technischen Produktinformationen (z.B. erwartete Lebensdauer, Energieverbrauch und Nutzungsprofile), müssen bereitgestellt und mit länderspezifischen Emissionsfaktoren kombiniert werden, um die Emissionen zu berechnen.

Die Koordination mit Stakeholdern und die Verbesserung der Datenbasis gehören zu den größten Herausforderungen, denen sich Wilo stellen muss. Um diese Herausforderungen zu bewältigen, unterstützt Regine Castilla, Sustainability Managerin bei Cozero, Wilo als Expertin für Datensammlung und effektive Nutzung der Cozero-Software. Regine rät Unternehmen, die Datenpunkte für Emissionen in der Kategorie Scope 3.11 erfassen, sich auf Produkte mit hohen Verkaufszahlen zu konzentrieren und detaillierte Berechnungen des Product Carbon Footprints durchzuführen, um ihre Nachhaltigkeitsbemühungen zu optimieren. Auf diese Weise können Berechnungen und Annahmen durch Messungen an einzelnen Produkten validiert werden.

Darüber hinaus können Unternehmen den Austausch mit ausgewählten Kunden suchen, um Ideen und Möglichkeiten zur Reduktion, wie den Einsatz von Smart Metern, zu besprechen. Generell empfiehlt Regine, von Anfang an einen möglichst automatisierten Prozess für die Berechnung von Emissionen in der Kategorie 3.11 zu verfolgen und klar festzulegen, welche Datenpunkte aus welchen Systemen verwendet werden sollen.

Hinsichtlich der Herausforderungen bei der Berechnung der „Use of Sold Products“-Emissionen ruft Isa Kohn zu mehr Austausch und Zusammenarbeit auf. Der größte Hebel für die Emissionsreduktion von Wilo liegt in den Emissionen der verkauften Produkte, und hier sieht Isa großes Potenzial für branchenübergreifende Kooperationen und den Austausch bewährter Praktiken.

Isa Kohn betont, dass die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen und Branchenakteuren ein zentraler Bestandteil von Wilos Dekarbonisierungsstrategie ist. Sie hebt die Bedeutung von Partnerschaften hervor, insbesondere innerhalb von Verbänden wie Europump, wo sogar Wettbewerber zusammenarbeiten, um gemeinsame Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Diese Kooperationen zeigen, dass der Klimawandel eine gemeinsame Herausforderung ist, die nur durch kollektives Handeln bewältigt werden kann.

Erfolgskriterien für Nachhaltigkeitsinitiativen

Isa Kohn ist der Überzeugung, dass die Unterstützung des Managements entscheidend für den Erfolg von Nachhaltigkeitsinitiativen ist. Wilo betrachtet die unternehmensweite Nachhaltigkeitsstrategie als übergeordnet, und alle anderen funktionalen Geschäftsstrategien sind ihr untergeordnet – ohne Ausnahme. Dies gewährleistet den Erfolg der Nachhaltigkeitsinitiativen. Ein weiterer entscheidender Faktor ist die Einbindung aller Mitarbeitenden, die durch klare Kommunikation und Schulungen dazu befähigt werden, zur Nachhaltigkeitsstrategie beizutragen. Daher empfiehlt sie, Nachhaltigkeitsziele klar zu definieren und regelmäßig Fortschritte zu messen. Sie berichtet außerdem, dass Wilo positive Erfahrungen mit fachspezifischen Nachhaltigkeitsschulungen in Kombination mit Gruppenworkshops wie dem „Climate Fresk“, einem interaktiven und kollaborativen Spiel zur Sensibilisierung für den Klimawandel, gemacht hat.

Fazit

Wilos Reise zur Dekarbonisierung zeigt, dass große, global agierende Unternehmen mit komplexen Organisationsstrukturen trotz zahlreicher Herausforderungen bedeutende Fortschritte in Richtung einer nachhaltigen Zukunft machen können. Wilos Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, auf das Erreichte zu blicken, sich Ziele zu setzen und kontinuierlich seine Prozesse zur Datenerhebung zu verbessern.  

Die Kombination aus ambitionierten und extern validierten Zielen, innovativen Technologien und branchenweiter Zusammenarbeit bietet einen wertvollen Fahrplan für andere Unternehmen, die ähnliche Nachhaltigkeitsziele verfolgen.

Während Unternehmen wie Wilo auf ihrer Dekarbonisierungsreise weiter voranschreiten, können digitale Begleiter wie Cozeros Climate Action Platform eine entscheidende Rolle dabei spielen, das Kohlenstoffmanagement zu vereinfachen und erfolgreiche Dekarbonisierungsmaßnahmen zu ermöglichen. Durch die Zentralisierung von Daten, die Automatisierung von Prozessen und die Förderung der teamübergreifenden Zusammenarbeit sowie der Kooperation zwischen Unternehmen und ihren Lieferanten verbessern diese Tools die menschliche Zusammenarbeit und ermöglichen es Unternehmen, Emissionen mit größerer Genauigkeit und Effizienz zu verfolgen, zu reduzieren und zu berichten.

Möchten Sie erfahren, wie Cozero Ihre Dekarbonisierungsreise unterstützen kann? Buchen Sie eine kostenfreie Demo mit unseren Experten oder laden Sie unsere Broschüre herunter.

Die Reise geht für Wilo spannend weiter. Die Vorbereitungen für den ersten CSRD-Report, der erstmals im Jahr 2026 veröffentlicht wird, laufen. Laut Isa Kohn liegt die Priorität im Team daher auf den zu berichtenden Nachhaltigkeitskennzahlen, insbesondere, was die Anpassung der Prozesse auf eine Auditierbarkeit dieser betrifft. Dabei blickt sie optimistisch in die Zukunft, denn durch Wilos langjährige Erfahrung durch freiwillige Berichterstattung sind die Grundlagen hierfür bereits geschaffen.

Hat Sie Wilos Reise inspiriert und sehen Sie mögliche Parallelen zu Ihrem Unternehmen? Isa Kohn ist offen für Diskussionen, insbesondere zur Berechnung von Scope-3.11-Emissionen und zur zukünftigen CSRD-Berichtspflicht, unter responsibility@wilo.com.